Einbecker Empfehlungen der DGMR zu Rechtsfragen der Obduktion und postmortalen Gewebespende
[MedR 2007,326]
Die Deutsche Gesellschaft für Medizinrecht (DGMR) e.V. hat gemeinsam mit der Kaiserin-Friedrich-Stiftung für das ärztliche Fortbildungswesen am 1. Dezember 2006 in Berlin das 33. Symposion für Juristen und Ärzte veranstaltet. Als Ergebnis dieser Tagung wurden die nachstehenden Empfehlungen verabschiedet:
- Allgemein wird unter Doping die Einnahme verbotener Substanzen oder die Anwendung verbotener Methoden im Sport verstanden. Weitergehende Definitionen werden von nationalen und internationalen Sportverbänden aufgestellt. Sie orientieren sich primär an der Bestimmung der verbotenen Wirkstoffe und der Mitwirkung der Sportler im Rahmen der Dopingkontrolle.
- Die Kompetenz zur allgemeinen Definition von Doping sowie zur Konkretisierung der dieser Definition unterfallenden Maßnahmen und Substanzen sollte auf der Grundlage fachwissenschaftlicher Erkenntnis erfolgen und fortlaufend aktualisiert werden. Sowohl die privaten Sportverbände als auch der Gesetzgeber, soweit er sich der Thematik annimmt, verfügen bei der Konkretisierung über erhebliche Gestaltungsspielräume, bei denen die Lageeinschätzung (Art der zu bekämpfenden und zu vermeidenden Gefahren) und die Zielsetzungen relevant sind. Wegen der Weite der Sachverhalte und Zwecke erscheint eine allgemeingültige Definition kaum möglich, so dass mit bereichspezifischen Begriffsbestimmungen zu arbeiten ist, an die aus verfassungsrechtlicher Sicht vor allem die Anforderung der ausreichenden Bestimmtheit für den jeweiligen Zweck zu stellen ist.
- Aus der Perspektive des Rechts wird durch Doping das Recht auf körperliche Unversehrtheit berührt. Weitergehend sind die Grundsätze der Fairness und Chancengleichheit anzuführen. Durch Dopingkontrollen und -sanktionen werden das Recht der freien Berufsausübung für den Profisportler, für den Amateur- und Breitensportler die allgemeine Handlungsfreiheit tangiert.
- Bereits gegenwärtig wird Fremddoping ohne rechtswirksame Einwilligung als Körperverletzung nach dem StGB sanktioniert. Weitergehend stellt das Arzneimittelgesetz (AMG) das Inverkehrbringen, das Verschreiben und das Anwenden verbotener Substanzen bei Anderen im Sport unter Strafe. Die Einnahme verbotener Arzneimittel ist für den Sportler selbst nicht strafbar. Der Tatbestand des Betrugs wird demgegenüber nur unter bestimmten in der Praxis selten anzutreffenden Voraussetzungen durch Doping erfüllt. Für bestimmte Wirkstoffe gelten die Verkehrsverbote des BtmG. Zwischen Sportwettkämpfern kann ferner an die Anwendung des UWG gedacht werden.
- Parallel zu den strafrechtlichen Vorschriften besteht im Vereinsrecht eine Vielzahl weiterer Sanktionen, die insbesondere bei Monopolverbänden einer besonderen Rechtsfertigung bedürfen. Da die nationalen und internationalen Verbände über eine der Staatsgewalt vergleichbare Verbandsmacht verfügen, kommt der Zustimmung des Sportlers durch Verbandseintritt keine tragfähige Legitimationsfunktion für weit reichende Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu. Daher muss die Reichweite von Kontrollrechten und Sanktionen der Verbände aus rechtsstaatlichen Gründen begrenzt werden. Für die Begründung entsprechender Regeln und Sanktionen durch Verbandsstatute sind die Grundrechte im Wege mittelbarer Drittwirkung und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wertend als Kontrollmaßstab heranzuziehen. Dies gilt besonders für die erst seit einigen Jahren von internationalen Verbänden erstellten Vorgaben, die teilweise auch bei nicht erwiesener Schuld weit reichende Sanktionen vorsehen.
- Die Weiterentwicklung des Rechtsrahmens muss ausreichend zwischen der Verbesserung bestehender Regelungen und einer Ergänzung des bestehenden Rechts sowie der notwendigen Ergänzung bzw. Aktualisierung verbandsinterner Regelungen und der Aufnahme strafrechtlich relevanter Tatbestände differenzieren. Dies spricht gegen eine Kodifizierung in einem “Antidopinggesetz”, das einer Weiterentwicklung privatrechtlicher Regelungen zu wenig Raum lässt.
- Zwischen sportverbandsrechtlich relevanten Regelverstößen im Zusammenhang mit Doping und strafrechtlich zu sanktionierenden Dopingvergehen ist nach Maßgabe folgender Kriterien zu differenzieren: Soweit höchstpersönliche Rechtsgüter durch die Anwendung von Mitteln und Verfahren berührt werden, ist eine strafrechtliche Sanktionierung geboten. Hiervon ausgenommen ist die Selbstschädigung des Sportlers, da die Rechtsordnung einen solchen paternalistischen Schutz mit Blick auf die Gesundheit des Sportlers nicht vorsieht. Der Notwendigkeit einer Sanktionierung wird insofern durch die bestehenden Regelungen des §§ 6a, 95 Abs.1 Nr.2a AMG, dem BtmG und §§ 223ff. StGB weit gehend Rechnung getragen. Eine gesonderte Strafbarkeit des Besitzes und der Einnahme verbotener Mittel oder Anwendung verbotener Methoden bedarf es nur insoweit, als dadurch fremde Vermögensinteressen geschädigt werden (Sportbetrug). Bezüglich immaterieller Vorteile des Sportlers können Sanktionen im Sportverbandsrecht getroffen werden.
- Die gebotene Verbesserung der Transparenz und Legitimation der Sportverbände und ihrer Verfahrensordnungen könnte durch die Einrichtung demokratisch legitimierter Körperschaften (Kammern) Rechnung getragen werden, wie dies bereits im europäischen Ausland z.T der Fall ist.
- Die Fachgesellschaften, Berufsverbände und Körperschaften der Ärzteschaft sind aufgefordert, ihre Mitglieder über die medizinischen und rechtlichen Folgen des Dopings auch im Hinblick auf die eigene Strafbarkeit der beteiligten Ärzte vermehrt zu informieren.
Berlin, den 1. Dezember 2006
Das Präsidium der DGMR e.V